Die Weltbank gilt als die wichtigste unter den multilateralen Entwicklungsbanken (MDBs). Seit sie 1944 gegründet wurde, um den Wiederaufbau des kriegszerstörten Europas zu finanzieren, hat sie sich mehrfach neu erfunden. Am bedeutendsten war der Wandel von einer Wiederaufbau- zu einer Entwicklungsbank, die heute ausschließlich in Ländern des globalen Südens finanziert, aber nach wie vor von den Wirtschaftsmächten des globalen Nordens kontrolliert wird. Deutschland ist viertgrößter Anteilseigner der Weltbank.
Seit 2021 läuft ein neuer Reformprozess der Weltbank. Dieser begann mit dem Auftrag der G20, die Kapitalausstattung der wichtigsten MDBs zu überprüfen. Ziel ist es, die Kreditvergabekapazität möglichst ohne frisches Kapital der Anteilseigner zu erhöhen. Für Deutschland ist die Diskussion um die Erweiterung des Mandats der Weltbank von ebenso großer Bedeutung. Ein wichtiger Meilenstein des Reformprozesses soll die Jahrestagung der Weltbank im Oktober 2023 in Marrakesch werden. Die Bundesregierung verfolgt die Idee, die bisherigen Twin Goals der Weltbank – Armutsbekämpfung und Reduzierung von Ungleichheit – um ein drittes Ziel zu ergänzen, nämlich „globale Herausforderungen“, das heißt die Finanzierung globaler öffentlicher Güter (global public goods, GPG).
Andere Stakeholder stehen dem Ganzen mit gemischten Gefühlen gegenüber. Von Seiten der Länder, in denen die Weltbank tatsächlich tätig ist – den Kreditnehmerländern im globalen Süden – wird die Befürchtung geäußert, dass eine Ausweitung des Mandats die Weltbank überfordern und knappe Ressourcen von ihren traditionellen Kernaufgaben der Entwicklungsfinanzierung abziehen könnte. Dies zu einer Zeit, in der die multiplen Krisen den Finanzierungsbedarf für ihre nationalen Entwicklungsprioritäten über die Erwartungen hinaus erhöht haben. Generell sehen die Länder des globalen Südens großen Reformbedarf bei der Governance der Weltbank. Die Reformideen zielen darauf ab, ihnen mehr Mitsprache und Entscheidungsbefugnisse in den Gremien einzuräumen.
Auch zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen haben sich zum Thema geäußert. Zentraler Reformbedarf bestehe vor allem in einer Abkehr von der Fokussierung auf Privatsektorförderung, dem Mainstreaming eines Menschenrechtsansatzes, mehr Transparenz und Rechenschaftslegung sowie einem zügigen und raschen Ausstieg aus der Finanzierung fossiler Energien.
Insbesondere für Deutschland nimmt das Thema Weltbankreform derzeit einen zentralen Platz in den globalen Foren zur Entwicklungsfinanzierung ein. In diesem Briefing Paper werden die wichtigsten Reformstränge und Reformideen vorgestellt.