Steuereinnahmen sind die wichtigste Finanzierungsquelle für alle Dimensionen nachhaltiger Entwicklung – ökonomisch, sozial und ökologisch. Besonders Entwicklungsländer haben Schwierigkeiten, hinreichend Steuereinnahmen zu generieren. Die Folge ist die eklatante Unterversorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Gütern und Dienstleistungen. Insbesondere zwei Hindernisse auf internationaler Ebene erschweren den Ländern die ausreichende Finanzierung ihrer Staatshaushalte durch Steuereinnahmen. Dies ist einerseits die grenzüberschreitende Steuerflucht, und andererseits der schädliche Steuerwettbewerb zwischen Ländern, der zu einem Absenkungswettlauf in der Unternehmensbesteuerung geführt hat. Gerade transnational operierende Unternehmen und reiche Privatpersonen tragen deshalb wenig zum Steueraufkommen bei. Neben dem Finanzierungsproblem besteht so auch ein erhebliches Gerechtigkeitsproblem, sowohl in Ländern des Südens wie des Nordens.
Eine effektivere internationale Steuerkooperation kann zur Lösung dieser Probleme beitragen. Die nötigen Institutionen dafür haben in der internationalen Finanzarchitektur bislang gefehlt. Doch im Herbst 2023 fällte die UN-Generalversammlung nach zähen Verhandlungen einen Beschluss historischen Ausmaßes, um einen Prozess zur Verhandlung einer UN-Rahmenkonvention für internationale Steuerkooperation (UN Framework Convention for International Tax Cooperation (UN-FCITC)) einzuleiten. Der Beschluss ist nicht nur ein historisches Ereignis, sondern auch strukturell gesehen ein Meilenstein: Erstmals sitzen alle Staaten der Welt mit am Verhandlungstisch. Das stellt eine enorme Stärkung der Mitsprache insbesondere von Entwicklungsländern dar und sollte garantieren, dass ihre Bedürfnisse zukünftig besser berücksichtigt werden.
Ähnlich wie bei der UN-Klimarahmenkonvention, ist geplant, die einzelnen Sachthemen zum Teil in der Konvention abzudecken und zum Teil nach ihrer Verabschiedung in Zusatzprotokollen zu behandeln. Die ersten Verhandlungssitzungen haben gezeigt, dass sowohl UN-Mitgliedstaaten als auch zivilgesellschaftliche Organisationen mit hohen Erwartungen an den Prozess herantreten. Die Konvention soll eine breite Palette steuerpolitischer Themen behandeln, von denen zahlreiche ein gewaltiges Einnahmepotential für die Finanzierung nachhaltiger Entwicklung und den Klimaschutz haben. Allein eine fair gestaltete internationale Regelung der Unternehmensbesteuerung könnte 500 Milliarden US-Dollar pro Jahr zusätzlich an öffentlichen Einnahmen bringen, davon 200 Milliarden für Entwicklungsländer. Eine globale Vermögenssteuer für Milliardär*innen könnte weitere 200 bis 250 Milliarden US-Dollar jährlich generieren. Die global koordinierte Einführung progressiver Umweltsteuern könnte nicht nur zusätzliche Einnahmen erzielen, sondern hätte auch starke positive Lenkungseffekte auf die Förderung nachhaltiger Entwicklung weltweit.
Die UN-Steuerkonvention hat also beachtliches Potenzial, die Lücken, die im Hinblick auf die Finanzierung einer nachhaltigen Entwicklung bestehen, ein gutes Stück zu schließen, und das in Nord und Süd zugleich. Regierungen wären durch zusätzliche Steuereinnahmen zudem in der Lage, mehr öffentliche Dienste für die Umsetzung ihrer menschenrechtlichen Verpflichtungen anzubieten. Eine effektivere internationale Steuerkooperation, wie sie die neue Konvention ermöglichen würde, erzeugt damit eine klare Win-Win-Situation. Die Bundesregierung, die bei den Verhandlungen in New York durch das Bundesfinanzministerium vertreten wird, sollte sich für ein ambitioniertes Verhandlungsergebnis einsetzen.
Von Bodo Ellmers und Christoph Trautvetter
Herausgeber: Brot für die Welt, Global Policy Forum Europe, Misereor & Netzwerk Steuergerechtigkeit
Aachen/Berlin/Bonn, Juli 2024