23.01.2017 | ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung

144 Österreichische Organisationen fordern: SDGs umsetzen

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Gemeinsamer Brief an die Österreichische Bundesregierung

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

Während es vielen Menschen heute deutlich besser geht als noch vor wenigen Jahrzehnten, sind Armut, steigende Ungleichheit und die zunehmende Zerstörung des Planeten sowohl in Österreich als auch auf globaler Ebene enorme Herausforderungen. Der derzeitige Kurs, auf dem wir uns als globale Gesellschaft befinden, ist nicht zukunftsfähig. Um diesen Kurs zu korrigieren, sind entscheidende Weichenstellungen im Sinne einer sozialen, ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeit nötig.

Im September 2015 beschloss Österreich gemeinsam mit den Staats- und Regierungschefs aller UN-Mitgliedstaaten diesen Herausforderungen mit einem umfassenden und ambitionierten Plan zu begegnen. Sie verabschiedeten die 2030 Agenda für Nachhaltige Entwicklung und die darin enthaltenen 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung (SDGs), welche für alle Länder gelten. Der Beschluss ist ein guter Grund optimistisch in die Zukunft zu blicken, denn die Agenda vermittelt die Zuversicht, dass Globalisierung im Sinne aller Menschen gestaltet werden kann, dass wir gemeinsam einen neuen globalen Gesellschaftsvertrag verwirklichen können und dass zukünftige Generationen in einem intakten Ökosystem aufwachsen werden. Jetzt liegt es an uns allen – und ganz besonders an den Regierenden – Verantwortung zu übernehmen und die Ziele jetzt in die Tat umzusetzen.

Die Agenda ist nun vor genau einem Jahr in Kraft getreten. Die „kühnen und transformativen Schritte, die dringend notwendig sind, um die Welt auf den Pfad der Nachhaltigkeit und der Widerstandsfähigkeit zu bringen“, wie es in der 2030 Agenda heißt, lassen jedoch in Österreich noch auf sich warten. In anderen Ländern ist die Umsetzung schon viel weiter fortgeschritten, es braucht rasch einen Plan für konkrete nächste Schritte in Österreich. In der Beilage finden Sie unsere diesbezüglichen Vorschläge, welche die folgenden wesentlichen Punkte beinhalten:

  • Hochrangige politische Unterstützung und klare Zuständigkeiten für die koordinierte Umsetzung der SDGs
  • Umfassende Bestandsaufnahme und Lückenanalyse
  • Präsentation einer übergeordneten Strategie zur Umsetzung der SDGs
  • Strukturierte Partizipation aller Stakeholder
  • Transparente Berichterstattung
  • Rascher Start der Umsetzung, insbesondere in jenen Bereichen, die nicht bereits durch bestehende Prozesse abgedeckt sind

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, wir wenden uns an Sie und Ihre KollegInnen in der Bundesregierung mit dem Anliegen, die in der 2030 Agenda enthaltenen Visionen als übergeordneten Leitfaden für politisches Handeln in allen Bereichen österreichischer Politik umzusetzen. Als zivilgesellschaftliche Organisationen möchten wir Sie bestmöglich dabei unterstützen. Österreich soll durch unser gemeinsames Engagement ein Vorreiterland der Nachhaltigen Entwicklung werden. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung zu diesen Vorschlägen sowie über Informationen, welche konkreten nächsten Schritte Sie in Ihrem Arbeitsbereich und auf gesamtstaatlicher Ebene setzen werden, um die Umsetzung rasch voranzutreiben und einen Beitrag für eine nachhaltige Zukunft zu leisten.


Beilage: SDGs umsetzen – Vorschläge für nächste Schritte

1. Klare Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten bei der Umsetzung der SDGs

  • Öffentliches Bekenntnis zu den SDGs auf höchster politischer Ebene (Regierungsspitze und zuständige MinisterInnen)
  • Klare Festlegung der Verantwortlichkeiten für die SDG-Umsetzung aller AkteurInnen der Regierung auf allen Ebenen (Bund, Länder und Gemeinden)
  • Ernennung einer/eines hochrangigen SDG-Beauftragten mit personell angemessen ausgestatteter Koordinationsstelle 
  • Schaffung eines strukturierten und themenübergreifenden Prozesses zur Behandlung der SDGs im Parlament

2. Bestandsaufnahme zu Beginn des Umsetzungsprozesses unter Miteinbeziehung von Wissenschaft und Zivilgesellschaft 

  • Durchführung einer umfassenden Bestandsaufnahme (qualitativ und quantitativ) und Ermittlung des daraus resultierenden Handlungsbedarfs unter Einbindung von Stakeholdern
  • Veröffentlichung der Bestandsaufnahme, der Lückenanalyse und der potentiellen Wechselwirkungen zwischen den Zielen

3. Gesamtstrategie zur Umsetzung der SDGs, die konkrete Maßnahmen enthält

  • Erstellung einer übergeordneten SDG-Strategie, welche den bisherigen Mainstreaming-Ansatz mit der oben erwähnten Lückenanalyse verknüpft
  • Festlegung spezifischer, messbarer, umsetzbarer, relevanter und zeitlich umsetzbarer Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene
  • Verknüpfung des SDG-Umsetzungsplans mit der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens

4. Partizipation aller Stakeholder, insbesondere der Zivilgesellschaft 

  • Einbindung zivilgesellschaflticher AkteurInnen in allen relevanten Bereichen (insb. Entwicklung, Umwelt, Soziales, Menschenrechte etc.) 
  • Festlegung eines barrierefreien Partizipationsmechanismus für die systematische Einbindung von Stakeholdern sowie dessen Anbindung an die existierende interministerielle SDG-Arbeitsgruppe
  • Etablierung eines Stakeholder-Beirats bestehend aus ExpertInnen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und weiteren relevanten Bereichen.

5. Berichterstattung, Rechenschaft, Transparenz

  • Veröffentlichung aller relevanten Informationen zur österreichischen SDG-Umsetzung und Kommunikation von Zielen, Maßnahmen und Plänen
  • Monitoring und Evaluation der Umsetzungsstrategie unter Einbindung von Stakeholdern
  • Regelmäßige (z.B. jährliche) Berichterstattung über bisherige Fortschritte und zukünftige Pläne an Parlament und Öffentlichkeit, mit Einbindung von Stakeholdern.