Nachruf Klaus Hüfner: Sieben Jahrzehnte im Einsatz für die Vereinten Nationen

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Klaus Hüfner 5
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Ein Nachruf von Jens Martens 

Klaus Hüfners Leben war geprägt vom Einsatz für die Vereinten Nationen. Sein Engagement begann in der Adenauer-Ära, als er 1957 mit gerade einmal 18 Jahren den Aufbau einer Jugendgruppe im Berliner Landesverband der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) initiierte. Internationale Solidarität und Weltbürgertum waren für ihn damals die einzig gangbare Antwort auf Nationalismus und Krieg. Im Nachkriegsdeutschland gehörte er damit zu einer kleinen Minderheit.

Als studierter Volkswirt drang er in den 1960er Jahren in ein Terrain vor, das hauptsächlich von Völkerrechtlern und Diplomaten dominiert war. Mit gerade einmal 25 Jahren „kaperte“ er 1964 zusammen mit seinem langjährigen Kompagnon Jens Naumann den Bundesvorstand der DGVN und prägte über Jahrzehnte dessen Arbeit. 1998 verlieh ihm die DGVN für seine Verdienste die Dag-Hammarskjöld-Ehren-Medaille. 2011 wurde sein Lebenswerk auch „offiziell“ mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland gewürdigt.

Als Wissenschaftler befasste er sich zunächst vor allem mit dem Thema Bildung, arbeitete ab 1964 zehn Jahren lang am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und wurde 1974 ordentlicher Professor für Bildungsökonomie und -planung an der Pädagogischen
Hochschule Berlin. Bereits 1971 wurde er Mitglied der Deutschen UNESCO-Kommission. Er blieb ihr Zeit seines Lebens verbunden, zuletzt als Ehrenmitglied.

Sein Herzensthema war über Jahrzehnte die Forschung über die Vereinten Nationen. Sein Credo: Wer sich für Völkerverständigung und internationale Zusammenarbeit einsetzen will, muss wissen, wie ihre Institutionen funktionieren. Bereits 1968 veröffentlichte er mit Jens Naumann die erste Bibliografie zu den Vereinten Nationen. 1974 folgte das erste Einführungshandbuch über das System der Vereinten Nationen. Seitdem profitierten Generationen von Studierenden, aber auch von Politikern und Diplomaten, von seinen weit über 100 Handbüchern, Studien und Aufsätzen über die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen.

Von 1980 bis 2002 hatte Klaus Hüfner einen Lehrstuhl am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität Berlin inne. Er war wohl der erste und bis heute einzige Volkswirt in Deutschland, der die Vereinten Nationen ins Zentrum seiner Lehre und Forschung stellte. Für ihn war das keine akademische Übung. Es ging ihm immer darum, das Bewusstsein für den Wert der Vereinten Nationen zu fördern und die Unterstützung in Öffentlichkeit und Politik zu stärken. 

Gelegentlich tat er das auch sehr direkt: So kritisierte er 1985 in einer Stellungnahmen mit Jens Naumann den Austritt der USA aus der UNESCO und warnte davor, dass die Kohl-Regierung dem Beispiel Ronald Reagans folgte – mit Erfolg. Die Krise der UNESCO wurde für ihn zur never-ending story. 2013 setzte er sich in seinem Buch „Wer rettet die UNESCO?“ erneut mit ihr auseinander. Er machte darin Vorschläge für eine aktive deutsche Mitarbeit in der UNESCO, die nach seinen Worten sowohl politischen Gestaltungswillen als auch die aktive Mitwirkung der Zivilgesellschaft voraussetze.

Klaus Hüfner konnte sehr beharrlich sein: Immer wieder forderte er im VN-politischen Beirat des Auswärtigen Amtes und in Briefen an Bundeskanzler, dass Deutschland seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Vereinten Nationen ernst nehme und seine ordentlichen Beiträge pünktlich und vollständig in den ersten 30 Tagen des Jahres bezahle. Lange Zeit tat Deutschland das nicht, aber seit einigen Jahren gehört es zur Minderheit der vorbildlichen Beitragszahler – immerhin. Klaus Hüfner unterfütterte seine Forderungen mit zahlreichen Studien, Tabellen und diversen Büchern. Ihre Titel waren Programm, so etwa seine Publikationen „Peanuts für die UNO. Das deutsche Finanzengagement seit 1960“ und „Mehr Verantwortung übernehmen. Zum deutschen Finanz-Engagement in den Vereinten Nationen 1991-2013“.

Es ärgerte Klaus Hüfner, dass über die Finanzierung der Vereinten Nationen lange Zeit nur spärliche Informationen verfügbar waren. So nahm er es selbst in die Hand und veröffentlichte mit dem Global Policy Forum (GPF) unzählige Daten und Tabellen zur Finanzsituation der Vereinten Nationen und ihrer Sonderorganisationen. Dank Klaus Hüfner konnte man jahrelang auf der GPF-Webseite mehr über die Finanzlage der Vereinten Nationen erfahren als auf der Webseite der Vereinten Nationen selbst. Für Manche war die akribische Befassung mit Haushalts- und Beitragszahlen bloße Fliegenbeinzählerei. Das war sie nicht: Das Fundament eines solidarischen Multilateralismus sind starke Institutionen, und stark können sie nur sein, wenn sie über ausreichende Finanzmittel verfügen. Die aktuelle Finanzkrise der Vereinten Nationen macht dies einmal mehr deutlich und zeigt, wie wichtig Klaus Hüfners beharrlicher Einsatz für dieses Thema war.

Klaus Hüfner war ein unermüdlicher Überzeugungstäter, der bis zuletzt auslotete, wie die Reform der Weltorganisation „zwischen Utopie und Realität“ (so der Titel unseres gemeinsamen Buches aus dem Jahr 2000) aussehen könnte. Am 8. November 2025 ist er im Alter von 86 Jahren gestorben. Nun ist es an uns, die er mit seinem Engagement über viele Jahre inspiriert hat, den Suchprozess in seinem Sinne fortzusetzen.