UN-Treaty-Verhandlungen: Vorstellung von Programm und Expert*innen – einige Fragezeichen bleiben

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UN-Treaty Wirtschaft und Menschenrechte
UN-Treaty Wirtschaft und Menschenrechte

Von Celia Sudhoff 

Vom 21. bis 25. Oktober 2024 wird sich unter dem Dach des UN-Menschenrechtsrates zum zehnten Mal eine zwischenstaatliche Arbeitsgruppe treffen, um über ein internationales Menschenrechtsabkommen zur Regulierung von Unternehmen und ihrer Wertschöpfungsketten (auch „UN-Treaty“ genannt) zu verhandeln. Am 3. September fand eine Konsultation über den zuvor veröffentlichen Programmentwurf und die Methodik dieser zehnten Tagung statt. Noch bleiben viele Fragen offen. 

Im Einklang mit der im Mai veröffentlichten Roadmap lud der ecuadorianische Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Cristian Espinosa Cañizares, am 3. September zu einer Konsultation über das vorgeschlagene Programm und die Methodik der 10. Tagung ein. Die Diskussion fand in zwei Teilen statt, vormittags vor Ort im Palais des Nations in Genf und nachmittags virtuell. Die Vorstellung der frisch gewählten legal experts wurde in die Session am Nachmittag verlegt, da nur eine Person tatsächlich in Genf war. Das Interesse an beiden Teilen war groß, im Genfer Raum nahmen 27 Staatsvertretungen teil, darunter die EU, unsere Nachbarn Frankreich und Österreich, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten. Im Online-Raum waren zeitweise über 50 Personen anwesend. 

Irritation über abgesagte Konsultation

Nur wenige Wochen vor der eigentlich geplanten thematischen Konsultation sagte der Vorsitzende die für den 5. September angesetzte Sitzung mit Verweis auf einen Feiertag in Genf ab. Dies sorgte für einige Irritationen und Unverständnis. Zum einen wurde die Absage als zu kurzfristig kritisiert, insbesondere, da dieser Feiertag jedes Jahr wiederkehrt und Reisepläne unerwartet geändert werden mussten. Offiziell sollte die Beratung über substantielle inhaltliche Aspekte gemeinsam mit den Expert*innen am Nachmittag stattfinden. Ein ambitionierter Plan, der so nicht umgesetzt werden konnte. Stattdessen wurde ausführlich über den Programmvorschlag diskutiert. 

Lob und Kritik für das ausgearbeitete Programm

Der Programmentwurf wurde grundsätzlich positiv aufgenommen und viele Akteure dankten Ecuador für die Ausarbeitung. Insbesondere Staaten aus dem Globalen Süden und zivilgesellschaftliche Akteure lobten die Fortsetzung der Verhandlungen im Stil der 9. Runde, das einzelne Durchgehen aller Artikel, beginnend bei Artikel 4. Art. 1 bis 3 waren bereits in der 9. Runde behandelt worden. Das Vereinigte Königreich kritisierte das Vorgehen als zu langsam. Größere Diskussionen gab es darüber, welche Version des dritten aktualisierten Abkommensentwurfs im Saal gezeigt werden soll. Vorgesehen ist aktuell, dass die clean version auf dem Bildschirm gezeigt wird und die version in track changes nur auf explizite Nachfrage. Dies kritisierten u.a. Kuba, die Global Campaign, Friends of the Earth und FIAN. Sie plädieren dafür, dass die kommentierte Version zu jeder Zeit gezeigt wird. 

Außerdem warfen Vertreter*innen der Zivilgesellschaft politische und praktische Fragen hinsichtlich der für die nächsten drei Jahre geplanten „intersessional consultations“ auf. Sie verwiesen auf begrenzte zeitliche und finanzielle Ressourcen und erinnerten daran, dass der Prozess weiterhin von Staaten angeführt werden muss und Entscheidungen ausschließlich während der offiziellen Sitzungswoche im Oktober getroffen werden können. Der Fahrplan für die nächsten drei Jahre soll in den kommenden Wochen gemeinsam mit den neuen Expert*innen erarbeitet und während der Verhandlungswoche besprochen werden. Nach aktuellem Plan soll der Entwurf erst am 22. Oktober und nur einen Tag vor der Besprechung zur Verfügung gestellt werden. Gefordert wird mindestens eine Woche Vorlauf zwischen Veröffentlichung und Diskussion. Auch der geplante Zeitpunkt der Diskussion am 23. Oktober, mitten in der Sitzungswoche und zwischen der Diskussion der einzelnen Artikel, empfinden viele als unpassend. Während einige vorschlugen, den 3-Jahresplan am Montag zu besprechen, plädiert Christian Aid dafür, die begrenzte Zeit der Sitzungswoche nicht mit diesem Thema zu belasten. Sie schlugen außerdem vor, eine kürzere Periode (z.B. nur ein oder anderthalb Jahre) zu planen, um Flexibilität zu bewahren und laufende Lernprozesse zu berücksichtigen. 

Zu guter Letzt besteht Zweifel daran, wie die Konsultationen der nächsten Jahre vorausgeplant werden können, wenn die darauf vorbereitende thematische Konsultation ersatzlos gestrichen wurde. Es ist unklar, ob vor der Verhandlungsrunde im Oktober noch ein neuer Termin gefunden werden kann. Friends of the Earth schlug vor, für die thematische Clusterbildung der Artikel nach schriftlichem Input von Staaten und relevanten Stakeholdern zu fragen. Dieser Vorschlag wurde vom ecuadorianischen Vertreter Walter Schuldt sehr positiv aufgenommen. 

Vorstellung der „legal experts“ und deren Rolle im Prozess 

Im zweiten Teil der Nachmittagssession hatten die neu gewählten juristischen Expert*innen und ihre Stellvertreter*innen die Möglichkeit sich vorzustellen. Alle waren anwesend, bis auf Kinda Mohamadieh, welche eine Videobotschaft hinterließ. Sie bedankten sich für die Möglichkeit, Teil dieser Gruppe zu sein, und stellten ihre jeweilige Expertise vor. Viele betonten, dass sie sich ihrer beratenden Funktion bewusst sind, keine eigene Entscheidungsbefugnis für sich beanspruchen und den Prozess als „state-led“ respektieren. 

Insgesamt scheint die Gruppe gut ausbalanciert zu sein, die meisten Mitglieder haben langjährige Erfahrung im Bereich Menschenrechte. Neben Forschenden sind auch einige praktizierende Jurist*innen unter den Expert*innen. Einige Vertreter*innen der europäischen Treaty Alliance sehen im Fehlen eines/einer westeuropäischen Expert*in jedoch ein strategisches Versäumnis Ecuadors. Um die EU langfristig einzubinden, wäre es von Vorteil gewesen, eine Person zu haben, die sich mit dem europäischen Rechtssystem auskennt. Franciscans International begrüßte die Beratung durch Expert*innen, äußerte gleichzeitig aber die Sorge, dass das geplante Anfertigen eigener sogenannter „non-papers“ den Prozess eher verzögern könnte. Die Kritik blieb in der Besprechung unbeantwortet, zum jetzigen Stand wird weiter an dem Konzept festgehalten. 

 

Aktuelle Informationen zur 10. Verhandlungsrunde werden von der UN auf dieser Seite veröffentlicht.

Weitere Informationen zum Fahrplan bis zur 10. Verhandlungsrunde und die vergangenen Konsultationen sind hier zu finden. 

Der offizielle Bericht über die 9. Verhandlungsrunde mit den Schlussfolgerungen für den weiteren Prozess ist hier zu finden.