Länder ringen um globales Pandemieabkommen

Verhandlungen in der Weltgesundheitsorganisation in entscheidender Phase

Die Zeit wird knapp in den Verhandlungen über ein globales Pandemieabkommen. Die 194 Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben sich zum Ziel gesetzt, sich bis zur Weltgesundheitsversammlung im Mai 2024 auf ein solches Abkommen zu einigen. Mit ihm wollen sie Lehren aus COVID-19 ziehen und für die Prävention, Vorsorge und Bekämpfung zukünftiger Pandemien besser gewappnet sein. 
Parallel dazu verhandeln sie auch über die Reform der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV), den bislang einzigen völkerrechtlich bindenden Regularien der WHO, um die grenzüberschreitende Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern und einzudämmen.
Das Vorhaben ist äußerst ambitioniert und die Positionen der Regierungen in zentralen Fragen noch weit auseinander. Das betrifft u.a. die vorgesehenen Transparenz- und Berichtspflichten, den gerechten Zugang zu medizinischen Gütern, die geistigen Eigentumsrechte, den gerechten Vorteilsausgleich für das Teilen genetischer Ressourcen von Krankheitserregern (Pathogen Access and Benefit-Sharing, PABS) und die Schaffung eines nachhaltigen Finanzierungsmechanismus. 
Der internationalen Pharmalobby, bei den Verhandlungen vertreten durch die International Federation of Pharmaceutical Manufacturers and Associations (IFPMA), gehen die Forderungen der Länder des Globalen Südens nach gerechtem Zugang und Vorteilsausgleich zu weit. Sie drängt vor allem auf die strikte Wahrung des Schutzes von geistigem Eigentum und Patenten und warnt vor bürokratischen Hürden durch das geplante PABS-Modell. Zu allem Überfluss schießen auch noch Impfgegner und Verschwörungsgläubige mit Falschmeldungen gegen das geplante Abkommen.
In dieser Gemengelage scheint es fast unmöglich, innerhalb weniger Wochen zu einer substantiellen Einigung zu gelangen. Sie soll in zwei Marathon-Verhandlungsrunden in Genf vom 19.2. bis 1.3.2024 und vom 18.3. bis 28.3.2024 erzielt werden. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus beschwor die Mitgliedsstaaten im Januar 2024, die Chance nicht zu verpassen und sich in den Verhandlungen kompromissbereit zu zeigen. „Jeder wird etwas geben müssen, oder niemand wird etwas bekommen. Ich appelliere an alle Mitgliedstaaten, mit Dringlichkeit und Zielstrebigkeit auf einen Konsens über ein starkes Abkommen hinzuarbeiten, das dazu beitragen wird, unsere Kinder und Enkelkinder vor künftigen Pandemien zu schützen.“ 
Das neue Briefing Paper von Brot für die Welt, Global Policy Forum und Misereor informiert über Hintergründe, politische Konflikte und zivilgesellschaftliche Forderungen in den Verhandlungen.
 

Von Jens Martens

Herausgeber: Brot für die Welt, Global Policy Forum Europe und Misereor

Aachen/Berlin/Bonn, Februar 2024